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1. Oktober 2019

IGR-Erfahrungsaustausch 2019: Technisches Wissen in der Prozessindustrie managen

Anne-Christine Bern (Mitte) mit der goldenen DIN-Ehrennadel und dem IGR-Vorstand (v. l. n. r.): Dr. Uwe Bäumler, Karl-Ludwig Elfira Blumenthal, Dr. Hans-Jürgen Henkel, Dr. Helga Leonhard, Elisabeth Maria Wächter-Schäper und Martin Rauser
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Über 140 Fachleute aus Mitgliedsunternehmen und -verbänden haben auf dem diesjährigen IGR-Erfahrungsaustausch Technik gemeinsam die Folgen und Chancen einer digitalisierten Produktion beleuchtet. Martin Rauser, Vorstandsvorsitzender der IGR, betonte bei der Begrüßung am 25. September, wie sehr Digitalisierung und „Chemie 4.0“ die Produktionsweisen und Geschäftsmodelle verändern. „Wir nehmen diese, sich stetig wandelnden Herausforderungen an und helfen unseren Mitgliedsunternehmen, compliant- und zugleich kostenbewusst zu arbeiten,“ sagte Rauser. Den Know-how-Transfer schließe das ein, um bei Personalwechseln das erreichte Wissensniveau zu sichern und weiter zu steigern. „Technisches Wissensmanagement in der Prozessindustrie“, das diesjährige Motto der Veranstaltung, stellte dieses Ansinnen der IGR in den Fokus.

Der erste Tag widmete sich u. a. Strategien zur Nachrüstung von Industrie 4.0 für bestehende Brownfield-Anlagen. Während in der Fertigungsindustrie 30 verschiedene echtzeitfähige Produkte zum Vernetzen von Daten erhältlich sind, sucht die Prozessindustrie noch nach einer optimalen Zweidraht-Lösung – beispielsweise für den Ethernet-Standard. Thomas Tauchnitz betonte in seinem Vortrag, dass Daten ohne Kontext wertlos seien und Kontext Standards brauche. Ein Digitaler Zwilling einer Anlage nütze nur, wenn dieser die Gesamtheit der Anforderungen abbilde. Weitere Themen waren die Additive Fertigung als neuer Impulsfaktor für die Branche und der Wandel der Arbeitswelt durch die zunehmende Digitalisierung.

Am zweiten Tag gab es dann Vorträge aus den vier IGR-Kompetenzcentern EMR-Technik, Mechanik & Verfahrenstechnik, Prozesssicherheit und Werkstofftechnik.

Von Rohrklassen-Systemen bis zu 5 G-Technologie

Im Fokus der EMR-Technik standen die Einführung der neuen VDI/VDE 2180 für die Planung und den Betrieb von PLT-Sicherheitseinrichtungen in Prozessanlagen. Weitere Vorträge gab es zur Stördatenauswertung aus Sicht der Funktionalen Sicherheit, zu Cyber-Security, automatisierte Rückdokumentation bei Gerätetausch, plattformunabhängige Condition-Monitoring-Systeme sowie zur 5G-Technologie als Enabler und Kraftverstärker der digitalen Transformation in der Prozessindustrie.

In der Mechanik & Verfahrenstechnik und der Werkstofftechnik ging es unter anderem um Armaturenklassen in neuen europäischen EN-Rohrklassen-Systemen, die Herstellung von Auffangräumen und Dichtflächen in Lager- und Produktionsstätten sowie die Einführung von optimierten längsnahtgeschweißten Rohren in der chemischen Industrie. Auch die Chancen und Möglichkeiten der Additiven Fertigung – zum Beispiel für die Herstellung von komplexen Strukturen im Apparate- und Anlagenbau – wurden thematisiert, ebenso wie die werkstofftechnische Untersuchung des Gefüges und Korrosionsverhaltens Bauteilen aus dem 3-D-Druck.

In der Vortragsreihe zur Prozesssicherheit ging es vor allem um Safety-Komponenten und weitere Maßnahmen für die Anlagensicherheit. Experten berichteten bspw. über Ursache und Lösung beim Versagen einer Berstscheibe, den Trockenlaufschutz von Kreiselpumpen im Ex-Bereich oder die Absicherung von Reaktoren und Durchgehreaktionen in der Prozessindustrie.

Ergiebiger Austausch und DIN-Ehrennadel für Teilnehmerin

Zwischen den Vorträgen und beim gemeinsamen Abendessen hatten die Teilnehmenden ausgiebig Zeit, die Vortragsthemen zu diskutieren und sich auszutauschen. Dazu sagte Dr. Hans-Jürgen Henkel, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Vereins: „Die IGR hilft ihren Mitgliedern, sich gegenseitig zu helfen. Jedes Mitglied leistet einen Teil der Arbeit, erhält aber alle Ergebnisse.“ Etwa 350 Fachleute engagieren sich derzeit ehrenamtlich für nachhaltiges Wissensmanagement sowie das aktive Verfolgen und Entwickeln von ca. 4.000 technischen Regelwerken. Der Erfahrungsaustausch Technik ist ein zentraler Bestandteil der Verbandsarbeit. So sind IGR-Mitglieder gut gerüstet für die aktuellen und künftigen Herausforderungen in der chemisch-pharmazeutischen Industrie.

Im Rahmen der Veranstaltung gab es noch eine ganz besondere Würdigung für Anne Christine Bern, Mitarbeiterin des IGR-Mitgliedunternehmens Siemens AG und tätig im Kompetenzcenter Mechanik und Verfahrenstechnik. Dr. Hartmut Strauss, Mitglied des DIN-Vorstandes, überreichte ihr die goldene DIN-Ehrennadel für den herausragenden und jahrzehntelangen Einsatz für die Normung. Sie ist unter anderem sehr engagiert in Normungsthemen wie Flanschverbindungssystemen und Symbolen für Fließbilder in Prozessanlagen. Zudem arbeitet Anne-Christine Bern federführend in relevanten Gremien an der Umsetzung der TA-Luft mit sowie an der EG-Maschinenrichtlinie und der Umsetzung der Betriebssicherheitsverordnung in die betriebliche Praxis.